Was geht ab, bei Up2Boat?
29. Mai 2021Masterplan Freizeitschifffahrt des BMVI nun offiziell Inkraft
11. Juni 2021Vor ein paar Tagen stolperte ich in Youtube über einen Video in dem darüber spekuliert wird, dass Elon Musk konkrete Pläne verfolgt mit Tesla in die Yachtbranche einzusteigen. Cool, dachte ich, darüber muss ich mehr erfahren. Nach einer kurzen Recherche stellte sich schnell heraus, dass der Entwurf und die Bilder von einem (über)motivierten, indischen Designer stammt der sich über Elektrifizierung von Yachten Gedanken gemacht hat und das Tesla Logo auf einem Design schick fand. Das Design und die Bilder dazu gingen viral durch das Internet und machten ihn bekannt. Dabei war seine Formel so dreist wie genial: Man nehme ein möglichst futuristisches Design, elektrifiziere das Ganze und packe eine möglichst bekannten Namen drauf. Der Rest macht dann die Medienbranche für Dich. Wie er selbst sagt, hat sich Elon Musk zu dem Entwurf noch nicht geäußert. Aber er wartet darauf ;-).
Ob diese Yacht jemals gebaut wird? Ich weiß es nicht. Vielleicht findet Elon ja Gefallen daran. Ob es nur eine Frage der Zeit ist bis sich die Elektrifizierung, wie wir sie im KFZ Bereich bereits haben, sich auch im Bootsbereich durchsetzt? Zumindest ich bin überzeugt davon. Der Drehmoment und die Emissionsfreiheit eines Elektromotors bieten Potenziale, die sich einfach nicht von der Hand zu weisen lassen. Sicher wird es noch sehr lange Fans von blubbernden V8 Motoren oder großen Diesel geben. Aber die wird es auch noch lange im KFZ Bereich geben. Aber auch das Gefühl nur vom Wind getragen zu werden, hat einen immensen Reiz. Ich gehöre zu den vielleicht ungewöhnlichen Menschen, die sowohl Spaß am Motorboot und Jetski fahren haben, als auch leidenschaftliche Segler sind. Für mich schließt sich das nicht gegenseitig aus und je nach Revier begeistert mich das Eine- oder das Andere.
Elektroboote: Zu langsam und zu kurze Reichweiten?
Aber zurück zu Elektromotoren. Die Geschichte der Elektroboote lässt sich über 100 Jahre zurückverfolgen, wobei die Blütezeit in den späten 1800er Jahren lag. Der aktuelle Maßstab für Batterien ist die Lithium-Ionen Technologien, die die meisten Elektroautos, Laptops und die aktuelle Generation von Elektrobooten antreiben. Genauso wie bei elektrischen Autos, LKWs oder Motorrädern ist die Reichweite das größte Hindernis, um Elektroboote massentauglich zu machen. Man kann davon ausgehen, dass wir bald neue Energiespeichersysteme sehen werden, da derzeit Milliarden von Euro weltweit in die Forschung und Entwicklung von Batterien oder Alternativen, wie sicheren Wasserstoffantrieben investiert werden. Diese neuen Technologien werden die Reichweite von Elektrobooten drastisch erhöhen, möglicherweise sogar weit über die eines durchschnittlichen Benzin- oder Dieselmotors hinaus.
Wo steht der Markt?
Wenn nicht gerade Corona Lockdown ist und man Bootsmessen besuchen kann, findet man relativ sicher belebte Stände an denen die neuesten elektrischen Boote oder elektrische Außenborder vorgestellt werden. In der jüngsten Vergangenheit waren das meist kleine elektrische Außenborder, die beim Angeln als Flautenschieber auf kleinen Segelbooten oder auf Schlauchbooten eingesetzt wurden. In den letzten Jahren traten die renommierten Hersteller von elektrischen Bootsmotoren auch mit Innenborder am Markt auf. Boote mit Elektroantrieb gibt es schon seit einiger Zeit, aber ihre begrenzte Reichweite und ihr hoher Preis machten sie nur für den Einsatz als Beiboot in einem Yachthafen oder in ruhigen Gewässern geeignet. Das ändert sich mit weiteren Fortschritten in der Batterietechnologie und den Erfahrungen von Elektroautoherstellern wie Tesla.
Es gibt bereits heute Unternehmen, die Komplettpakete zur Ausrüstung von Elektrobooten anbieten. Es gibt elektrische Außenbordmotoren am Markt die Speedboot Charakter haben und selbst auf Booten mit Gleitrumpf oder Foils bestens funktionieren. Wir können davon ausgehen, dass traditionelle Außenbordhersteller schnell folgen werden, sobald die Massenanwendung beginnt, entweder durch den Kauf kleiner innovativer Firmen oder durch ihre eigene Produktentwicklung. Das Gleiche war vor ein paar Jahren bei den renommierten Autoherstellern zu beobachten, als Tesla auf dem Markt auftauchte und Firmen, wie Mercedes, VW, BMW, oder Audi das Ganze erst belächelt haben und dann die Felle davon schwimmen sahen. Auch im Bootsbereich wird das vermutlich nicht anders sein. Es ist schwer zu sagen, ob die Masseneinführung von vollelektrischen Booten noch 5 oder 10 Jahre in der Zukunft liegt. Es ist auch nicht unwahrscheinlich, dass es im Bootsbereich eine längere Phase mit Hybriden Antriebssträngen geben wird. Aber ich glaube man kann mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass wir in wenigen Jahrzehnen keine Verbrennungsmotoren mehr fahren werden.
Was kommt auf Yachthafenbetreiber zu?
Yachthafenbetreiber müssen sich nicht nur den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Anforderungen des Digitalisierungszeitalters stellen, sondern sich auch auf verändernde Technologien auf Booten einstellen. Diese Veränderungen können für Yachthafenbetreiber einschneidende, wirtschaftliche Folgen haben. Die damit verbundenen unternehmerischen Risiken sollten frühzeitig gemanaged werden. Nehmen wir beispielsweise Investitionen in die Yachthafeninfrastruktur wie eine Bootstankstelle. Die Anfangsinvestition ist zunächst hoch. Nur bei wenigen Tankstellen amortisieren sich die Investitionskosten innerhalb kürzester Zeit. Bei Wassertankstellen sind die Auflagen noch einmal höher und es dauert entsprechend länger. Was würde aus den Betreibern von Wassertankstellen werden, wenn Umsätze plötzlich soweit zurück gehen, dass sich der Betrieb nicht mehr lohnt? Wenn die Tankstelle wieder schließt, müssten die verbleibenden Bootsfahrer mit Verbrennungsmotoren ihr Boot wieder mit Kanister betanken. Wäre das aus Umweltsicht sinnvoll? Müsste man Wassertankstellen in einem solchen Szenario am Ende sogar aus Aspekten des Umweltschutzes subventionieren, bis der letzte Verbrennungsmotor aus dem Wasser ist?
Auswirkung auf Bootswerkstätten und Bootswerften
Bootswerkstätte und Bootswerften werden sich durch die Elektrifizierung von Booten komplett umstellen müssen. Eines der Hauptversprechen von Elektromotoren ist, dass es sich um autarke Einheiten handelt, die keine, oder kaum mehr traditionelle Motorwartung benötigen. Ein großer Teil des Geschäftsmodells einer Bootswerkstatt oder Bootswerft besteht aber darin, Boote mechanisch zu warten, sie winterfest zu machen und im Frühjahr wieder auszuwintern. Die Wartung und Reparatur von Motoren bilden den Schwerpunkt des Geschäftsmodells dieser Betriebe. Dazu werden heute bereits teurere Diagnose- und Software-Aktualisierungsgeräte benötigt. Es werden Bootsmechaniker, Elektriker und Techniker benötigt, die diese Experten-Arbeiten durchführen und dazu ein hohes Maß an Ausbildung und Zertifizierung benötigen. Für die Werkstätten, Techniker und Mechaniker bedeutet dieser Wandel in Zukunft ein umdenken und neu lernen. Das ist heute bereits im KFZ Bereich zu beobachten. Wo vor wenigen Jahren noch ein mächtiger 12 Zylinder auf dem Motorenprüfstand war, der von „echten Männern“ leistungsoptimiert wurde, schnurrt heute ein Elektromotor vor sich hin, an dem sich die gleiche Leistung und mehr messen lässt. In wenigen Jahren mussten Ingenieure neu lernen und umdenken. Was anfangs mit Skepsis betrachtet wurde, begeistert heute. Diesen Wandel werden wir schon bald auch in der Bootsbranche beobachten können.
Investition in Lade Infrastruktur
In den meisten Yachthäfen gibt es bereits heute Stromanschlüsse die theoretisch das Aufladen mit niedrigen Ampere Zahlen über Nacht ermöglichen würde. Zumindest für heutige Starter- und Verbraucherbatterien reicht es allemal. Es ist allerdings keine Ausnahme, dass in vielen Yachthäfen diese Landstromanschlüsse nur mit 8A abgesichert sind. Da fliegt die Sicherung bereits raus, wenn Du einen Haarfön an Bord einschaltest. Das macht aus Sicht eines Yachthafenbetreibers so auch Sinn, denn wenn mehrere hundert Boote mit Klimaanlagen, Haarfön usw. bei einer 16A Absicherung das Stromnetz des Yachthafens belasten würden, könnte das die Verkabelung überlasten und sogar zu Bränden führen. Das Laden mit 8A macht bei einem Boot mit dem man in den nächsten Tagen wieder fahren möchte wahrscheinlich nur sehr wenig Sinn. Das kann bedeuten, dass selbst ohne dass man plant Schnelladestationen im Hafen aufzustellen, Investitionen in die elektrische Infrastruktur notwendig werden. Dazu sollte unbedingt frühzeitig ein Elektro Fachbetrieb zu Rate gezogen werden der auf dieses Thema spezialisiert ist, um auf die nächsten Jahre gesehen eine Strategie dafür bereitliegen zu haben.
Ein weiterer Investitionsaspekt werden mittelfristig sogenannte Schnellladestationen sein, die für Boote mit E-Antrieb notwendig werden und wahrscheinlich die dieselben Ladetechnologien verwenden, die für KFZs heute Standard sind. Auch hier muss die Last berücksichtigt werden, die die lokale Verkabelung des Yachthafens verkraften und der Energieversorger liefern kann. Auch hier schaue ich auf den Straßenverkehr und halte es für wahrscheinlich, dass wir in Yachthäfen 1-3 Liegeplätze mit Schnelladesäulen haben werden, die dann auch nur für diesen Zweck belegt werden dürfen. Diese Schnellladesäulen müssten sich dann alle Boote mit E-Antrieb die es eilig haben weil es am nächsten Tag wieder weiter gehen soll, teilen. Jeder könnte dann natürlich nur kurz dran, um vielleicht am Sonntag Abend nach der Törn nochmal schnell das Gröbste nachzuladen. Der Rest wird dann am Liegeplatz über den normalen Stromanschluss geladen werden.
Aber selbst ohne organisatorische Probleme und kostenintensive Investitionen in Schnellladestationen, ist der Gedanke eines elektrischen Antriebs reizvoll. Statistisch fährt ein Motorboot im Durchschnitt pro Jahr in Deutschland etwas mehr als 30 Betriebsstunden. Noch dazu wird es meist an Wochenenden bewegt. Das bedeutet, dass wenn ich mein Boot am Sonntag nach meiner Törn am Liegeplatz festgemacht habe, es die ganze Woche über Zeit hat die Batterien bis Freitag wieder aufzuladen. Auf Flüssen, Seen und so manchen Küstenregionen könnte das völlig ausreichend sein und teure Verbrennungsmotoren, mit einem Verbrauch von 30-100 Liter pro Stunde, überflüssig machen.
Werden neue Yachthäfen möglich?
Der Starnberger See ist ein Beispiel für ein ökologisch sensibles Gebiet, in dem der Einsatz von Verbrennungsmotoren aus Gründen der Umweltverschmutzung massiv eingeschränkt ist. Darüber hinaus gibt viele Wasserschutzgebiete auf der Welt, in denen Verbrennungsmotoren ebenfalls verboten sind. Mit der zunehmender Verbreitung von Elektrobooten könnten weitere Gebiete zu verbrennungsmotorfreien Zonen erklärt werden. Dies wiederum könnte die Betreiber von Yachthäfen in diesen Gebieten dazu zwingen, ihre Anlagen viel schneller aufzurüsten als es geplant war. Der Vorteil dabei könnte sein, dass dies großartige Orte für die Elektroboot Branche werden könnte und es könnten vielleicht sogar neue, verbrennungsmotorfreie Marinas in Gebieten entstehen, in denen Bootfahren bislang nicht erlaubt war.
Eine Renaissance des Bootssports?
Durch Wirtschaftliche- und Umweltaspekte könnten Elektroboote den Bootssport populärer machen und eventuell sogar zu einer Renaissance der Branche führen. Segeln ist ein großartiges Freizeitvergnügen, aber viele Menschen empfinden das Erlernen der Fähigkeiten und die Komplexität der Aktivität für sehr einschüchternd. Nur wenige Erwachsene sind bereit zu lernen, wie man mit einem Segelboot umgeht und wie Wind, Strömung und Wellen auf ein Boot wirken. Es bedarf durchaus einiges an Wissen, Übung und gemachten Fehlschlägen, bis man die Grundlagen im Laufe von vielleicht zwei oder drei Saisons beherrscht.
Motorboote haben dagegen eine viel niedrigere Einstiegshürde. Aber sie sind laut, verursachen Abgase und beachtliche Folgekosten für Treibstoff und Wartung. Aus Kostengründen, oder aus Gründen des Umweltschutzes nehmen viele von der Idee eines eigenen Motorboots daher auch schnell wieder Abstand. Elektroboote könnten diese Bedenken zunichte machen und ganz neue Käufergruppen erschließen. Voraussetzung dafür ist das Kosten, Leistung und Sicherheit das notwendige Einstiegsniveau erreichen. Nun ist es sicher nicht so, dass jeder der Autofahren kann, auch sofort mit einem Motorboot zurecht kommt. Auch beim Motorboot spielen Strömung, Wind und Trägheit eine Rolle, die man auf der Straße so nicht kennt. Jeder der zum ersten Mal ein Motorboot fährt ist davon überrascht, dass ein Boot so einfach weiterfährt, wenn man den Gang raus macht. Aber die durchschnittliche Erfolgskurve ist beim Motorboot, egal ob Verbrenner Motor oder elektrisch, durchaus steiler.
Elektrisch betriebene Boote sind leise und bieten dabei das wunderbare Gefühl, lautlos durch das Wasser zu fliegen, ohne dass man die Kunst des Segelns erlernen muss. Das Aufladen der Batterien eines Elektrobootes könnte bereits bei heute verfügbaren Technologien wie denen von Tesla, zu einen Bruchteil der Treibstoffkosten eines Motorbootes möglich sein. Elektroboote könnten vielleicht sogar der Katalysator sein, den die Freizeitschifffahrt braucht, um ihre Popularität wiederzubeleben und uns in die nächste Phase der Entwicklung der Branche zu bringen.
Wie auch immer das Tempo sein wird, dass diese Veränderungen bringt und welche Faktoren dieses beeinflusst, wir sind überzeugt, dass sich der Trend der Elektrifizierung im KFZ Bereich auch auf den Wassersport übertragen wird. Sollte Elon Musk diesen Markt für sich beanspruchen, wäre es nicht unwahrscheinlich, dass er auch diesen schnell dominieren wird. Aber vielleicht werden auch neue Umweltvorschriften, oder andere technologische Neuerungen diese Veränderungen beeinflussen. Für die Yachthäfen würde ich mir wünschen, dass die Veränderung so langsam kommt, dass sie damit schritthalten können. Wichtig für die Yachthafenbetreiber ist es dabei aber offen für den technologischen Wandel zu sein. Die Digitalisierung als Chance und nicht als Bedrohung zu sehen spielt dabei sicher eine Schlüsselrolle um auch in Zukunft erfolgreich zu sein. Dann ist es bei Bedarf auch möglich, schnell auf Veränderungen zu reagieren.
Was auch immer das Tempo bestimmen wird, wir sind überzeugt dass die technologische Veränderung kommen wird und sowohl einen großen Einfluss auf Motor- und Segelbootfahrer, als auch auf Bootswerkstätten, Marinas und Yachthäfen haben könnte.